Tamron 90mm F/2.8 Di III Macro VXD Ersteindruck/Test
Als Tamron ein neues 90mm Makro-Objektiv für den Sony E-Mount und den Nikon Z-Mount ankündigte, war ich sofort hellauf begeistert. Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt etwas die Lust an der Makrofotografie verloren hatte und immer noch dem Fujinon 30mm macro hinterhertrauerte, blickte ich gespannt darauf, was Tamron hier zu bieten hatte…
Wer also, so wie ich, bereits das „alte“ Tamron SP 90mm f2.8 DI VC USD Macro für Spiegelreflexkameras kennt, der wird sich hier in vertrauten Gewässern wiederfinden. Die Brennweite von 90mm ist gleichgeblieben, der Abbildungsmaßstab von 1:1 ebenfalls (wann bekommen wir endlich mehr?!) und eine Offenblende von f/2.8 sowieso. Weggefallen ist leider der Bildstabilisator. Das scheint aber aus irgendwelchen Gründen der Trend bei allen Herstellern zu sein. Zwar besitzt meine Sony A7 IV einen stabilisierten Sensor, dennoch war ich von dieser Änderung nicht sehr begeistert und halte dies eher für einen Rückschritt. Das Objektiv wurde schließlich dadurch auch nicht kleiner oder günstiger. Doch sei’s drum. Das Filtergewinde ist von 62mm auf 67mm gewachsen, passt sich also gut in das bestehende Tamron Line-Up ein. Geblieben ist auch der Fokuslimiter, der es dem Autofokus erleichtern soll, sein Ziel zu finden. Weggefallen ist der AF-MF switch, jedoch lässt sich der hinzugekommene, frei konfigurierbare Knopf in der Lens Utility Software mit dieser Funktion belegen. Das ist zum Glück recht einfach, da das Objektiv, wie ebenfalls alle neuen Tamron Linsen, mit einem integrierten USB-C Anschluss ausgestattet wurde. Es wird also keine extra Dockingstation benötigt.



Äußerlich wurde dem 90mm Makro eine Kunststoffhülle spendiert, die sich aber dennoch wertig anfühlt. Das Objektiv verfügt über eine Gummidichtung am Mount und ist Feuchtigkeitsgeschützt. Mit einem Gewicht von 630g ist das Objektiv nur minimal schwerer als das 90mm Sony macro G (602g), aber deutlich leichter als das Sigma 105mm Makro (715g). Also ein angenehmes, handliches Gewicht. Nicht so angenehm ist jedoch die äußerst üppige Streulichtblende. Hätte die wirklich so groß ausfallen müssen? Der integrierte Schieber um an seine Filter heranzukommen ist zwar eine nette Idee, doch wenn das der Grund für dieses Monster ist, dann verzichte ich lieber darauf. Ich weiß, das sind sehr harte Worte von mir, doch ich bevorzuge in der Praxis eher kompakte und unauffällige Lösungen. Zum Glück für mich, besitze ich das Tamron 70-180mm G2, denn dessen Streulichtblende ist mit diesem Objektiv kompatibel! Hier haben die Tamron Ingenieure gut mitgedacht, nicht nur eine einheitliche Filtergröße über die gesamte Produktpalette hinweg zu verwenden, sondern auch das Zubehör, wie eben die Streulichtblenden, untereinander kompatibel zu halten. Zumindest entsteht dieser Eindruck in diesem Fall.
Wie fühlt sich nun das neue Tamron 90mm F/2.8 Di III Macro VXD in der Praxis an? Durch die kompakten Abmessungen (wenn man die Streulichtblende außen vorlässt) und das geringe Gewicht, liegt es zusammen mit der Sony A7 IV sehr gut und angenehm in der Hand. Es macht Spaß mit der Linse im Vorbeigehen das ein oder andere Foto zu schießen. Das habe ich nach dem Abgang meines Fuji 30mm Makros wirklich vermisst. Der Autofokus arbeitet in der Firmwareversion 01 recht zuverlässig und schnell, jedoch schadet es nicht, ihn mit dem Fokuslimiter zu unterstützen. Es wäre schön, wenn sich das noch in Zukunft etwas verbessert. Wenn man gerade keinen Autofokus benutzen möchte oder kann, dann lässt sich, wie bereits erwähnt, der frei belegbare Button in der Lens Utility Software zu einen AF-MF switch umprogrammieren. Ebenfalls lässt sich in der Software der Fokusring einstellen. Zum einen ist es möglich die Drehrichtung wechseln, zum anderen aber auch die Sensibilität. Letzteres finde ich persönlich sehr interessant, da man so auch sehr präzise manuell fokussieren kann. Das ist besonders praktisch, wenn man für eine Makroaufnahme Fokusstacking betreiben möchte, die Kamera aber keine Funktion hierfür bietet, oder diese dermaßen unpraktisch zu benutzen ist, dass man lieber selbst Hand anlegt. Und das funktioniert damit eben richtig gut!
Wie sieht es nun mit der Bildqualität aus? Nun dazu kann ich nicht viel sagen. Für euch Pixelpeeper da draußen, schaut euch bitte die Testberichte von den etablierten Profis an, das ist nicht mein Fachgebiet. Rein subjektiv bin ich mit der Bildqualität äußerst zufrieden. Die Linse bildet knackig scharf bereits ab Blende f/2.8 ab und hält diesen Standard etwa bis Blende f/10, würde ich vermuten. Störende Verzerrungen, Vignettierung oder Chromatische Aberrationen sind mir nicht aufgefallen. Das Bokeh fällt dank der 12 Blendenlamellen schön weich und rund aus und gefällt mir damit sehr gut. Mit Gegenlicht scheint das Objektiv keine großen Schwierigkeiten zu haben, das konnte ich aber dank der trüben Herbsttage nicht genauestens testen. Viel wichtiger ist, dass sich das Fokusbreathing sehr zurückhält. Gerade im Makrobereich bei Stacking-Aufnahmen kann das äußert störend sein. Aber Tamron hat dieses Problem auch im Vergleich zu seinem Spiegelreflex-Vorgänger wirklich sehr gut in den Griff bekommen, sofern es denn eines war.
Auch wenn ich das neue Tamron 90mm Makroobjektiv noch nicht lange besitze, bereitet es mir bisher viel Freude und hat die Begeisterung an der Makrofotografie in mir, zumindest für einige Zeit, wieder neu entfacht. Auch wenn es vor Allem preislich gesehen nicht unbedingt die beste Entscheidung ist, ein Objektiv direkt zu Release zu kaufen, habe ich diese Entscheidung nicht bereut. Ich konnte in den paar wenigen Tagen bereits einige großartige Bilder erstellen und es werden sicherlich noch mehrere folgen. Mein altes Tamron Makro kann ich nun getrost in den Ruhestand schicken. Dem Objektiv kann ich also ruhigen Gewissens eine Kaufempfehlung aussprechen, vor Allem wenn der Preis noch etwas fällt (Release UVP: 699,- €).




