Trainspotting

Trainspotting – oder auch das Fotografieren oder Filmen des Eisenbahnverkehrs, meist mit Fokus auf die dort eingesetzte Technik, scheint eher ein Hobby für knallharte Eisenbahnfans zu sein. Die Faszination „Eisenbahn“ hält sich in der Allgemeinheit wohl eher in Grenzen. Die meisten Leute sehen darin ein Transportmittel, um entspannter von A nach B zu reisen, oder Güter umweltfreundlicher zu transportieren. Doch wenn ein Zug von einer Dampflokomotive gezogen wird, ist dieser plötzlich ein echter Hingucker.

Im Rahmen des 3. Nördlinger Eisenbahnfests, das vom 09.Mai bis 12.Mai 2024 stattfand, konnte man rund um Nördlingen wieder einige historische Züge in Aktion erleben, die von zahlreichen Dampflokomotiven gezogen wurden. Diese beeindruckenden Maschinen zeichnen ein ungewohntes Bild in die Landschaft. Das lockt nicht nur Eisenbahnfans und schaulustige Besucher an, sondern auch den ein oder anderen Fotografen…

Natürlich fühlte auch ich mich davon angezogen, und das nicht nur aus rein fotografischem Interesse. Meine Begeisterung für die alten Dampflokomotiven entdeckte ich bereits früh in meiner Kindheit. Damals war ich begeistert von ihrem außergewöhnlichen Auftreten und der einzigartigen Technik, die diese dampfenden Riesen antreibt. Das ein oder andere Mal konnte ich die alten Dampfrösser auch selbst in Aktion erleben. Mit dem Älterwerden jedoch, schwand das Interesse mit der Zeit und man begeisterte sich schließlich für andere Dinge. Wieder geweckt wurde meine Aufmerksamkeit vergangenes Jahr, als ein historischer Dampfzug meine Heimatstadt besuchte. Von diesem Ereignis inspiriert, war auch schnell der Beschluss gefasst, mich etwas mit der „Zugfotografie“ oder auch „Trainspotting“ zu beschäftigen.

Mit Google Maps und Street View lassen sich bereits frühzeitig einige mögliche Locations ausfindig machen, um einen Zug möglichst stimmig einzufangen. Die meiner Meinung nach interessanteste Location die ich bisher finden konnte, liegt mehr oder weniger mitten in einem Industriewerk. Durch die gigantischen Anlagen des Kalk- oder Zementwerks im Hintergrund und die Gleise mit Regelbahnbetrieb im Vordergrund, zeichnet sich eine beeindruckende Szene ab, gerade wenn diese von einem historischen Dampfzug befahren wird. „Industrielle Revolution“ könnte einem da als Gedanke durch den Kopf schießen. Möglichkeiten der Bildgestaltung gibt es hier einige. Weitwinklig oder Tele, frontal oder von der Seite, mit abgestellten Rangierloks im Bild oder ohne. Hier kann man sich kreativ austoben. Aber am Ende muss man sich für eine Bildkomposition entscheiden, denn der Zug wartet nicht.

Canon eos 5D mk IV + Sigma 24-70mm f2,8 DG OS HSM Art

ISO 1250 - 52mm - f/10 - 1/1000 Sek.

Gleich am 09. Mai machte ich mich auf den Weg zu meiner sorgfältig recherchierten Location. Zunächst hatte ich etwas sorgen bezüglich des Wetters, da strahlender Sonnenschein meist nicht die besten Aufnahmen entstehen lässt, aber zum Glück war ich früh genug zugange, um der unter Fotografen gefürchteten Mittagssonne gerade noch zu entgehen. Die Problematik von hartem Licht und der daraus resultierenden Schattenbildung hielt sich also noch in Grenzen. Rein optisch hätte hier sicherlich trübes Wetter mit einem dunklen, bewölkten Himmel noch besser gepasst, doch man kann eben nicht alles haben. Schließlich muss man sich nach dem Zug und nicht nach dem Wetter richten.

Zu meinem Glück konnte ich am ersten Tag zwei verschiedene Bildkompositionen testen, denn es folgten gleich zwei Züge, angeführt von historischen Dampfloks, aufeinander. Als erstes bekamen wir den Sonderzug aus München, bespannt mit der 01 066 zu sehen, welche sich gleich lautstark und mit viel Rauch und Dampf bemerkbar machte. Ein Traum von einer Anfahrt gleich zu Beginn! Die Dampfbildung ist an solch warmen Tagen oft nicht sehr üppig, doch der Heizer – oder die Heizerin? – schien noch eine Schippe aufgelegt zu haben und der Lokführer musste wohl noch etwas Dampf geben, um den Fahrplan einzuhalten. Ein großes Glück für uns Fotografen! Auch die laut und bedrohlich klingende Pfeife rundete das aufregende Erlebnis vor Ort ab. Für die Bildkomposition wollte ich diese Szene zunächst weitwinklig einfangen, um die Industrieanlage in ihrer vollen Pracht abzubilden, doch um den Zug nicht im Bild untergehen zu lassen, entschloss ich mich dagegen. Letzten Endes landete ich bei einer Brennweite um die 50mm.

Canon eos 5D mk IV + Sigma 24-70mm f2,8 DG OS HSM Art

ISO 500 - 24mm - f/10 - 1/1000 Sek.

Um doch noch eine weitwinklige Aufnahme testen zu können, entschied ich mich für die Ankunft des zweiten Zuges, den Standort zu wechseln. Ziel war diesmal nicht nur die gigantische Industrieanlage abzubilden, sondern auch die abgestellten, ebenfalls etwas rustikalen, Rangierloks. Das Resultat ist durchaus gelungen, doch das erste Foto konnte wohl nicht getoppt werden, was sich im übrigen auch ein paar Tage später erneut beweisen sollte. Das ist aber leider auch dem etwas bescheideneren Auftritt der 01 180 geschuldet. Diese war mit dem Donau-Ries Express, der während der Festlichkeiten regelmäßig von Nördlingen nach Donauwörth verkehrt, unterwegs gewesen. Da diesem Zug im Gegensatz zum Sonderzug aus München ein Halt kurz bevorstand, war aber auch kein besonders spektakulärer Auftritt zu erwarten. Der Lokführer musste sich ja schließlich auf das Bremsen vorbereiten.

Mit zwei guten Aufnahmen im Kasten, ging es für mich dann wieder zurück nach Hause. Glücklicherweise muss ich dafür keine halbe Weltreise hinlegen und brauche für die Strecke nur knappe 45 Minuten. Nach dem Mittagessen und der anschließenden Sicherung der Fotos, machte ich mich dann an die Bearbeitung der Bilder. Dabei entschied ich mich gleich zu Beginn, nicht dem sonnigen, fröhlichen Wetter entgegenzuwirken und einen entsättigten „Moody“ Look zu wählen, welchen ich sonst eher bevorzuge, sondern die Stimmung vor Ort aufzugreifen und kräftigere, freundlichere Farben zu wählen. Die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen, wie ich finde.

Canon eos 5D mk IV + Sigma 24-70mm f2,8 DG OS HSM Art

ISO 800 - 47mm - f/10 - 1/800 Sek.

Doch wie es einem vielleicht oft ergeht, schleicht sich bei der Bearbeitung immer wieder der Gedanke ein, wie man die Aufnahmen vor Ort noch besser hätte hinkriegen können. Zwei Tage später bot sich mir erneut die Gelegenheit einen Zug vor die Linse zu kriegen. Aber, um es kurz zu fassen, hatte ich nicht besonders viel Glück damit. Die Anfahrt des Zuges, wieder angeführt von der 01 066, war aufgrund des bevorstehenden Haltes, nicht allzu spektakulär und die noch kräftigere Vormittagssonne an diesem Tag, sorgte ebenfalls für keine große Begeisterung meinerseits. Auch zeigte sich der gewählte Bildausschnitt hinterher als weniger Eindrucksvoll als erhofft, aber auch nicht unbedingt schlechter als beim ersten Versuch. Mehr Dampf hätte dem Bild hier auf jeden Fall nicht geschadet, doch das kann man sich eben nicht aussuchen.

Man könnte jetzt also sagen, der erste Versuch ist immer der beste Versuch. Zumindest hat sich das hier wieder einmal bewahrheitet. Man muss eben mit den Bedingungen vor Ort arbeiten können. Mit ziemlicher Sicherheit werde ich aber zu einem späteren Zeitpunkt nocheinmal zurückkehren und mit frischen Ideen und hoffentlich anderem Wetter mein Glück erneut auf die Probe stellen.

Falls ihr einmal in der Nähe von Nördlingen seid, besucht doch gerne mal das „Bayerische Eisenbahnmuseum“ und schaut euch diese beeindruckenden Maschinen aus der Nähe an, oder bucht eine Fahrt in einem historischen Dampfzug. Das Erlebnis ist auf jeden Fall einen Abstecher wert. Die Vereinsmitglieder leisten bemerkenswerte Arbeit, um die vielen Fahrzeuge am Leben zu erhalten und uns die alte Technik wieder etwas näher zu bringen.

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